Immobilienrecht 01/2015

  1. Mietrecht Wohnraum
    • Eigenbedarfskündigung
    • Betretungsrecht
  2. WEG-Recht
    • Kostenaufbringung im Beschlussanfechtungsverfahren
    • Klagebefugnis

   


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Mietrecht Wohnraum

Eigenbedarfskündigung

Rechtsfrage:
Ist die bereits nach kurzer Mietzeit gegenüber dem Mieter erklärte Eigenbedarfskündigung in jedem Fall rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam?

Hintergrund - Vorgestellt vom FIT Fries Rechtsanwälte Immobilienteam:
Nach gefestigter Rechtsprechung liegt ein widersprüchliches rechtsmissbräuchliches Verhalten vor, wenn der Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, das Mietobjekt alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Er darf in diesen Fällen dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt.

Hierzu BGH - Urteil vom 04.02.2015 - VIII ZR 154/14:
Die auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützte Eigenbedarfskündigung ist zumindest dann nicht wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam, wenn das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs für den Vermieter zwar im Rahmen einer sog. "Bedarfsvorschau" erkennbar gewesen wäre, der Vermieter aber bei Mietvertragsabschluss weder entschlossen gewesen ist, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen, noch ein solches Vorgehen erwogen, also ernsthaft in Betracht gezogen hat.

Denn bei verständiger und objektiver Betrachtung bringt ein Vermieter dadurch, dass er dem Mieter einen unbefristeten Mietvertrag anbietet und nicht von sich aus Angaben über den Stand und die mögliche Entwicklung seiner familiären und persönlichen Verhältnisse (etwa Heranwachsen von Kindern, drohende Trennung von Familienangehörigen, Erkrankung, berufliche Veränderungen) macht, regelmäßig nicht zum Ausdruck, dass er die Möglichkeit eines alsbaldigen Eigenbedarfs unaufgefordert geprüft hat und nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann.

Hinweis vom FIT Fries Rechtsanwälte Immobilienteam:
Vom Vermieter kann daher bei Abschluss eines Mietvertrags eine sich auf bis zu fünf Jahre erstreckende Lebensplanung - wie vielfach gefordert - nicht verlangt werden. Hierdurch wäre die verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit des Vermieters missachtet, über die Verwendung seines Eigentums innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei zu bestimmen.

Dass den Vermieter keine Verpflichtung zu einer "Bedarfsvorschau" trifft, stellt den Mieter nicht schutzlos. Will er das Risiko künftiger Entwicklungen nicht auf sich nehmen, kann er für einen gewissen Zeitraum einen beiderseitigen Ausschluss der ordentlichen Kündigung oder einen einseitigen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbaren.

 

 

Betretungsrecht

Rechtsfrage:
Ist die außerordentliche Kündigung des Vermieters bei Zahlungsverzug des Mieters mit mehr als zwei Monatsmieten ausgeschlossen, weil der Mieter auf Sozialleistungen angewiesen ist, um die Miete zu entrichten?

Der Mieter kommt nur in Verzug, wenn er das Ausbleiben der Sozialleistung im Sinne von § 276 BGB zu vertreten hat (Verschulden des Mieters). Bei Geldschulden befreien jedoch wirtschaftliche Schwierigkeiten den Schuldner auch dann nicht von den Folgen verspäteter Zahlung, wenn sie auf unverschuldeter Ursache beruhen. Vielmehr hat jedermann nach dem Prinzip der einer Geldschuld zugrunde liegenden unbeschränkten Vermögenshaftung ("Geld hat man zu haben") ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen.

Hierzu BGH - Urteil vom 04.02.2015 - VIII ZR 175/14:

Hintergrund - Vorgestellt vom FIT Fries Rechtsanwälte Immobilienteam:
Dem Verzugseintritt steht daher nicht entgegen, dass der Mieter, um die Miete entrichten zu können, auf Sozialleistungen angewiesen ist und diese Leistungen rechtzeitig beantragt hatte. Denn das Prinzip ("Geld hat man zu haben") gilt auch für Mietschulden.

Bei den im Gesetz aufgeführten Kündigungsgründen handelt es sich um gesetzlich typisierte Fälle der Unzumutbarkeit einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses. Soweit die im Gesetz beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, ist danach grundsätzlich auch ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung gegeben. Der Schutz des (nicht rechtzeitig zahlenden) Mieters vor dem Verlust der Wohnung wird vielmehr ausschließlich durch die einmalig innerhalb von zwei Jahren gewährte Schonfrist (§ 569 Abs. 3 BGB) sichergestellt.

 

 

 

WEG-Recht

Kostenaufbringung im Beschlussanfechtungsverfahren

Rechtsfrage:
Kann die Gemeinschaft die Aufbringung von Vorschüssen beschließen, um den Verwalter in die Lage zu versetzen, einen Rechtsanwalt mit der Rechtsverteidigung der übrigen Wohnungseigentümer gegen Beschlussanfechtungsklagen zu beauftragen?

Streitstand - Überblick vom FIT - Fries Rechtsanwälte Immobilienteam:
Die Beschlussanfechtungsklage ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht gegen WEG als Verband, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Die dafür entstehenden Kosten sind deshalb keine Kosten der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und dürfen daher auch nicht aus dem Verbandsvermögen bedient werden.

Trotzdem soll der Verwalter nach bislang herrschender Meinung den von ihm mit der Verteidigung der übrigen Wohnungseigentümer gegen eine Beschlussanfechtungsklage beauftragten Rechtsanwalt aus Gemeinschaftsmitteln bezahlen dürfen (BayObLG, NJW-RR 1992, 1431, 1432; OLG Köln, OLGR 2003, 241, 242; LG Berlin, GE 2009, 207; LG Düsseldorf, ZMR 2009, 712; LG Köln, ZWE 2012, 280, 281; AG Dortmund, NZM 2008, 172). Die Mittel hierfür könnten durch Ansatz in der Jahresabrechnung oder im Wirtschaftsplan, Sonderumlage oder eine besondere Rücklage aufgebracht werden (KG, ZMR 2006, 224; OLG Köln, OLGR 2003, 241, 242; LG Berlin, GE 2009, 207; LG Leipzig, ZMR 2007, 400, 401; AG Dortmund, NZM 2008, 172; AG Pinneberg, ZMR 2009, 559, 560). Dabei wird eine Kompetenz der Gemeinschaft zur Beschlussfassung meist stillschweigend vorausgesetzt, teilweise aus der Vertretungsbefugnis des Verwalters nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG, teilweise auch aus § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG abgeleitet.

Nach der Gegenansicht darf der Verwalter Gemeinschaftsmittel weder endgültig noch vorläufig für die Verteidigung der übrigen Wohnungseigentümer gegen eine Beschlussanfechtungsklage einsetzen (BayObLG, BayObLGZ 1976, 223, 225 f.; OLG München, NJW-RR 2007, 593). Zur Begründung wird auf die Regelung in § 16 Abs. 8 WEG verwiesen, wonach die Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 WEG nur dann zu den Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG gehören, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts auf Grund einer Vereinbarung über die Vergütung nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Nr. 6 WEG handelt. Daraus folge, dass die Kosten der Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage Angelegenheit allein der einzelnen Wohnungseigentümer, nicht aber des Verbands sei.

Nunmehr BGH - Urteil vom 17.10.2014 - V ZR 26/14:

  1. Die Kosten einer Beschlussanfechtungsklage gehören nicht zu den umlagefähigen Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 16 Abs. 2 WEG. Sie dürfen deshalb im Grundsatz auch nicht auf Eigeninitiative des Verwalters in einem Wirtschaftsplan angesetzt oder ohne weiteres an den beauftragten Rechtsanwalt ausgezahlt werden.
  2. An diesem Grundsatz ändert sich auch nichts dadurch, dass der Verwalter nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt ist, die Rechtsverteidigung der übrigen Wohnungseigentümer zu organisieren und mit der Vertretung der verklagten Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
  3. Der Gesetzgeber hat dem Verwalter einer WEG-Anlage zwei unterschiedlichen Rollen zugewiesen: die Rolle als Organ der Gemeinschaft als Verband und die Rolle als Vertreter der (einzelnen) Wohnungseigentümer als Mitglieder des Verbands. Mit der Neufassung von § 27 WEG hat er die mit beiden Rollen verbundenen Befugnisse klar trennen wollen. § 27 Abs. 1 und 3 WEG soll die Befugnisse des Verwalters als Organ des Verbands beschreiben, § 27 Abs. 2 WEG die Befugnisse des Verwalters als Vertreter der Wohnungseigentümer.
  4. Die Verteidigung der übrigen WE gegen eine Beschlussanfechtungsklage ist keine originäre Angelegenheit des Verbands, weil das Verfahren nach § 46 Abs. 1 WEG nicht als Verbandsprozess, sondern als Mitgliederprozess ausgestaltet ist. Die Rechtsverteidigung der zu verklagenden übrigen Wohnungseigentümer ist deren eigene Angelegenheit, bei der sie der Verwalter auf Grund von § 27 Abs. 2 Nr. 2 und 4 WEG nach dem Konzept des Gesetzgebers als ihr gesetzlicher Vertreter, nicht als Organ des Verbands, unterstützt.
  5. Aber: Die Wohnungseigentümer können durch Beschlussfassung die Bereitstellung von Mitteln für die Bezahlung eines Rechtsanwalts der bei einer Beschlussanfechtungsklage zu verklagenden übrigen Wohnungseigentümer in einem Wirtschaftsplan zu einer Gemeinschaftsangelegenheit machen, denn ein solcher Mittelansatz dient der Erfüllung einer Verpflichtung der Wohnungseigentümer, die gemeinschaftlich erfüllt werden kann. Voraussetzung ist jedoch, dass noch kein konkretes Beschlussanfechtungsklageverfahren bei Gericht anhängig ist, jedoch solche Klagen allgemein zu erwarten sind. Fehlen dagegen Anhaltspunkte dafür, dass es zu Beschlussanfechtungsklagen kommt, ist ein Ansatz von Kosten hierfür im Wirtschaftsplan nicht gerechtfertigt.
  6. Kommt es dennoch zu einem Beschlussanfechtungsverfahren, müssen die WE den Verwalter gesondert ermächtigen, erforderlich werdende Vorschüsse aus den nicht für spezielle Zwecke bestimmten Gemeinschaftsmitteln zu entnehmen. Eine solche Ermächtigung ist - auch in Form einer generellen Ermächtigung - zulässig.

 

Klagebefugnis

Rechtsfrage:
Welche Auswirkungen hat das „An sich ziehen“ von Ansprüchen der Eigentümer an die Gemeinschaft?

Streitstand:
Für den Bereich der Sachmängelhaftung ist bereits entschieden, dass bei sog. „gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen“, die auf die ordnungsgemäße Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichtet sind, gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG eine Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet werden kann, die das individuelle Recht des einzelnen Eigentümers zur Verfolgung seiner eigenen Ansprüche aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Bauträger überlagert

Zieht der Verband die Durchsetzung solcher Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss an sich, so begründet er damit seine alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung (BGH, NJW 2010, 933 Rn. 9).

Ob dem einzelnen Eigentümer die Prozessführungsbefugnis auch dann durch einen Mehrheitsbeschluss genommen wird, wenn es um Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche im Hinblick auf Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums geht, wurde bislang unterschiedlich gesehen.

Nun hierzu BGH - Urteil vom 05.12.2014 - V ZR 5/14:
Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss an sich, so begründet sie damit ihre alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung.

Hinweis vom FIT - Fries Rechtsanwälte Immobilienteam:
Unter welchen Voraussetzungen Störungen des Sondereigentums anzunehmen sind, die von einem Beschluss der Wohnungseigentümer nicht erfasst werden (§ 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG) und eine eigene Prozessführung des Wohnungseigentümers neben dem Verband erlauben, ist im Einzelfall zu entscheiden.

 

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